Niemand entkommt Rolf!

2010. Das Jahr in dem meine erste Tochter geboren wurde. Nachdem wir erfuhren, dass wir Eltern werden, standen zwei Dinge für uns absolut fest. Zum einen werden wir alles menschlich erdenkliche unternehmen, um unsere Tochter von “Hello Kitty” fernzuhalten. Und zum anderen werden bei uns auf gar keinen Fall und unter keinen Umständen Lieder von Rolf Zuckowski und seinen Freunden gespielt! Pah, soweit kommt’s noch, dass diese Ausgeburt von Spießigkeit und Konformismus Einzug in unsere Wohnung hält und wir Eltern werden, die mit ihren Kindern Rolf-Zuckowski-Lieder singen. Unsere Kinder bekommen von Anfang an eine anständige musikalische Erziehung. Mit Queen und Rammstein.

3 Jahre später…
24.12.2013…Heilig Abend…
Der Tannenbaum steht geschmückt im Wohnzimmer. Alle sind in festlicher Stimmung. Aus dem Rechner dudelt Musik. Und Maxi-Tochter singt munter mit: “In der Weihnachtsbäckereiiiiii, gibt es manche Kleckereiiiiii….”. “Nein Schatz, es heißt “Leckerei”, nicht “Kleckerei”. “Kleckerei” kommt erst später.” “Und wie geht es weiter?” Und Papa singt. Das GANZE VERDAMMTE LIED! Und warum? Weil ich es kann. Weil seit Anfang Dezember bei uns zu Hause die Musik von Rolf Zuckowskis “Winterkinder” rauf und runter lief. Als wir den Tannenbaum Anfang Dezember schmückten, lief “In der Weihnachtsbäckerei” sogar zwei Stunden lang in der Dauerschleife. Und so kommt es, dass auch Mini-Tochter, noch keine 2 Jahre alt, bereits mitsingen kann: “Innnnn ga Geigaggäckageiiiiiii…”.
Am Abend, im Kreis der Familie, bekommen die Kinder dann zur Bescherung zum Einen von uns einen CD-Player und von der Tante eine passende CD dazu. Nein, halt. Das wäre etwas untertrieben. Sie bekommen eine CD-Kollektion. “Rolfs Top 100″. Die 100 besten Lieder von Rolf Zuckowski. Auf 5 CDs.

Rolf Top 100

Und so kam es also, dass Rolf sich doch in unser Leben gemogelt hat. Spielen die Kinder in ihrem Zimmer, dudelt Rolf meistens im Hintergrund. Und auch heute im Januar ist “In der Weihnachtsbäckerei” noch heiß begehrt. Aber auch andere Lieder sind mittlerweile in das Repertoire der Minions übergegangen. So kam es dann zum Beispiel, dass Maxi-Tochter neulich, mitten im vollen Supermarkt, anfing zu singen: “Nackidei, Nackidei, alle sind heut’ Nackidei!”

Was ist passiert? Wie konnte dieser grauhaarige Strahlemann mit Jeansjacke und Karohemd, der viele Jahre lang das Sinnbild für das war, was ich niemals werden wollte, nur so leicht unser Leben invadieren? Dachte ich früher an Rolf Zuckowski, dachte ich in der Regel an brave Bildungsbürgerkinder. Und an deren leicht esoterische Grundschullehrer-Eltern. Die Sonntags morgens in die Kirche gehen und Nachmittags Eisbein mit Sauerkraut essen. Die mit ihren Kindern “zum Turnen” gehen. Und die Abends noch gemeinsam mit Klavier, Kontrabass und Bratsche musizieren. Entschuldigung, mich schüttelt es gerade ein wenig. Aber Kinder, die “zu meiner Zeit” Rolf Zuckowski gehört haben, waren genau so. Und für mich stand fest: Meine Kinder sollen bitte niemals so werden.

Allerdings ist es natürlich so, dass Musik eigentlich bereits von Geburt an ein wichtiger Teil im Leben von Kindern ist. Es beginnt bereits kurz nach der Geburt in der Krabbelgruppe. Dort werden erste einfache Kinderlieder gesungen. Später dann, beim Babyschwimmen oder “beim Turnen” (ja, auch wir waren dabei) kommen dann die ersten Bewegungslieder dazu. Und spätestens ab da wird man vermutlich unwillkürlich auf Rolf stoßen. Ob man will, oder nicht. Dann folgt die Kita/der Kindergarten. Und ab dann gibt es kein Entkommen mehr.

Mittlerweile – ich weiß nicht, ob es an Altersmilde oder einfach an Resignation liegt – kann ich jedoch behaupten, dass ich meinen Frieden mit Rolf geschlossen habe. Nachdem ich seine “Top 100″ nun mehrfach durchhören durfte, muss ich sagen, dass viele der Lieder von Rolf Zuckowski wirklich…..mmmmnnnnngut…sind. Also…für Kinder. In vielen Liedern geht es darum, Kindern Mut zu machen. Für den Alltag oder die Bewältigung von Problemen. Viele Lieder sind einfach nur lustig für Kinder. Aber es geht in der Regel immer um Dinge, zu denen Kinder, auch schon in frühen Jahren, einen Bezug haben: Eltern, Großeltern, Freunde, Geschwister, Kindergarten, Schule, Straßenverkehr, etc. Dazu kommt, dass die Lieder – wenn man sie mit anderen Kinderliedern, die kommerziell erhältlich sind vergleicht – wirklich aufwändig produziert sind. Sowohl musikalisch als auch inhaltlich. Denn mittlerweile musst ich feststellen, dass ich sich mein Feindbild verlagert hat. Weg von Rolf Zuckowski, hin zu VOLKER ROSIN.

Während ich Rolf Zuckowski noch einen gewissen Anspruch und Liebe zu seiner Arbeit unterstelle, wage ich zu behaupten, dass Rosin das nur für die schnelle Kohle macht. Lieder von Rosin klingen, als ob für deren Produktion schon mal ne gute Stunde draufgegangen ist, unterlegt mit billigen Disko-Pop-Beats, damit die zukünftige Ballermann-Elite direkt richtig eingestimmt wird. Dabei ist Rosin selbst ein Schmierlapp sondergleichen. Ich habe einmal einen Bericht über ihn gesehen, wo er für einen Videodreh zusammen mit Kindern gefilmt wurde. Ich habe selten jemanden gesehen, der in der Umgebung von Kinder einen unwohleren Eindruck gemacht hat. Leider scheint sich Rosin mittlerweile zum absoluten “King of Krabbelgruppe” etabliert zu haben, denn wo man hingeht, ob Krabbeln, Schwimmen oder “Turnen”, überall läuft Rosin. Dann doch lieber Rolf. Was ich mich übrigens frage ist: Warum gibt es eigentlich hauptsächlich nur Männer, die sich zum Singen mit Kindergruppen umscharen? Ich habe bis jetzt noch keine Frauen gehört, die sich vom sicherlich lukrativen Markt der Kinderlieder eine Scheibe abschneiden wollen.

Also liebe Eltern da draußen. Seid gewarnt! Ganz egal wie eisern eure Prinzipien und euer Wille sind…NIEMAND ENTKOMMT ROLF!
(Naja, aber immerhin konnten wir die “Hello Kitty”-Flut bisher erfolgreich abwehren.)

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